
„Die Fahne tragen zu dürfen, war eine riesige Ehre“
U17-Nationaltorhüterin Lotta Willuhn spricht über den Gold-Triumph beim EYOF, ihren Weg durch die HVNB-Auswahlteams und warum ihre Eltern ihre größte Stütze sind
Mit gerade einmal 17 Jahren hat Lotta Willuhn schon beeindruckende Erfolge gefeiert: Die Torhüterin vom TV Hannover-Badenstedt gewann in diesem Sommer mit der U17-Nationalmannschaft die Goldmedaille beim European Youth Olympic Festival (EYOF) in Nordmazedonien – und durfte bei der Abschlussfeier sogar die deutsche Fahne tragen. Neben ihren Einsätzen in der Jugendbundesliga steht sie bereits im Kader der Drittliga-Damen und hat beim HVNB sämtliche Förderstufen durchlaufen. Im Interview spricht Lotta über ihre Anfänge im Handball, den besonderen Teamgeist beim EYOF, ihren Alltag zwischen Schule und Leistungssport und warum ihre Eltern ihre größte Stütze sind.
HVNB: Lotta, du hast mit gerade einmal 17 Jahren schon einiges erlebt – Gold beim EYOF, Einsätze in der Jugendnationalmannschaft, Jugendbundesliga und Dritte Liga mit Hannover-Badenstedt. Aber fangen wir mal ganz vorne an: Wie bist du überhaupt zum Handball gekommen?
Lotta: Zum Handball bin ich durch meine Eltern gekommen – vor allem durch meinen Papa, der mich schon früh mit in die Halle genommen hat. Diese Stimmung dort hat mich total gepackt. Irgendwann habe ich dann bei der HSG Schaumburg angefangen – und bin bis heute beim Handball geblieben.
HVNB: Wie alt warst du da?
Lotta: Fünf.
HVNB: Seitdem ist viel passiert. Du hast beim HVNB alle Förderstufen und Auswahlteams durchlaufen. Wie hast du diese Zeit erlebt – und was war besonders prägend für dich?
Lotta: Angefangen hat es 2020 in der Regionsauswahl, damals durfte ich schon als Jüngere im Jahrgang 2007 mittrainieren. 2021 kam dann die Sichtung. Ich fand das total spannend, weil ich so früh schon viel lernen und Erfahrungen sammeln konnte. Später, als ich dann selbst zu den Älteren gehörte, habe ich gemerkt, wie viel Verantwortung man auch für andere übernimmt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir das Turnier in Westfalen – da haben wir gewonnen, das war richtig cool. Und natürlich der Deutschland-Cup mit dem Jahrgang 2008. Da sind wir zwar „nur“ Siebte geworden, aber gegen so viele starke Landesverbände zu spielen und sich mit anderen messen zu können, war eine super Erfahrung.
HVNB: Du hast also schon früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Heute spielst du beim TV Hannover-Badenstedt sowohl in der Jugendbundesliga als auch in der 3. Liga bei den Damen – das klingt nach einem vollen Terminkalender. Wie bekommst du das alles unter einen Hut – Schule, Verein, Nationalmannschaft?
Lotta: Das klappt zum Glück richtig gut, weil ich auf dem Teilzeitinternat in Hannover bin. Dort ist alles super organisiert – wir haben Frühtraining, entweder Kraft oder Halle, und danach geht’s direkt zur Schule. Wenn man wegen des Trainings mal etwas verpasst, kann man das problemlos nachholen. Es gibt Sportlerklassen und auch Unterstützung beim Lernen. Nach der Schule esse ich an der Akademie und kann dann im Internat Hausaufgaben machen, bevor ich zum Training nach Badenstedt gehe. Das ist alles sehr gut getaktet – kurze Wege, gute Kommunikation, das macht es echt einfacher.
HVNB: Das klingt nach einem sehr gut strukturierten Alltag. Welche Rolle spielt dabei dein Verein Hannover-Badenstedt – sportlich, aber vielleicht auch persönlich?
Lotta: Für mich ist der Verein wie eine große Familie. Viele Spielerinnen aus jüngeren Jahrgängen trainieren schon mit Älteren zusammen, dadurch kennt man sich gut und wächst richtig zusammen. Wir haben einen starken Zusammenhalt, auf und neben dem Spielfeld. Wenn man mal ein Problem hat, gibt es immer jemanden, an den man sich wenden kann – Trainer, Mannschaftsrat oder Kapitänin. Diese Nähe hilft total, sich wohlzufühlen und sich weiterzuentwickeln.
HVNB: Apropos Zusammenhalt – im Sommer konntet ihr mit der U17-Nationalmannschaft beim EYOF zeigen, wie stark ein Team sein kann. Ihr habt dort Gold gewonnen. Wie hast du dieses Turnier und besonders den Finalsieg erlebt?
Lotta: Das war einfach unglaublich! Wir hatten das gar nicht unbedingt erwartet, aber wir wollten natürlich ganz oben mitspielen. Am Ende war es eine Mischung aus großem Willen, Zusammenhalt und Leidenschaft. Schon beim Vorbereitungslehrgang sind wir als Team richtig zusammengewachsen. Das hat uns im Turnier getragen – wir haben füreinander gekämpft, uns gegenseitig gepusht. Der Sieg war dann einfach die Krönung.
HVNB: Und als wäre das nicht schon besonders genug, durftest du bei der Abschlussfeier auch noch die deutsche Fahne tragen. Wie hast du diesen Moment erlebt?
Lotta: Das war eine riesige Ehre! Nach dem Turnier die Medaille in der Hand zu haben und dann auch noch die Fahne tragen zu dürfen – das war ein unbeschreibliches Gefühl. Da merkt man, dass sich die viele Arbeit, jedes Training und jede Anstrengung gelohnt haben. Dieser Moment bleibt mir auf jeden Fall für immer im Gedächtnis.
HVNB: Du hast ja auch vor dem EYOF bereits das Nationaltrikot tragen dürfen. Erinnerst du dich noch an den Moment, als du das erste Mal für die Nationalmannschaft nominiert wurdest?
Lotta: Oh ja – das war total aufregend! Ich habe mich riesig gefreut, war aber auch super nervös. Das erste Mal den Adler auf der Brust zu tragen, ist schon etwas Besonderes. Man spürt sofort, dass man Verantwortung übernimmt – für das Team, aber auch für das, was man nach außen repräsentiert. Die Freude hat aber ganz klar überwogen.
HVNB: Verantwortung übernimmst du auch in deinem Verein – als Torhüterin. Das ist ja eine Position mit viel Druck, aber auch viel Einfluss auf das Spiel. War das schon immer dein Plan, oder bist du da reingewachsen?
Lotta: Mein Papa war auch Torhüter – wahrscheinlich hat er mich da ein bisschen geprägt. Anfangs war das gar nicht unbedingt mein Plan, aber irgendwann hat es einfach gepasst. Ich bin relativ groß, das hilft natürlich. Mich reizt vor allem dieses Adrenalin – zum Beispiel, wenn man den entscheidenden Ball halten muss. Dieser Moment, in dem man alles retten kann – das ist einfach ein unglaubliches Gefühl.
HVNB: Bei so viel Einsatz bleibt es nicht aus, dass es auch mal schwierige Phasen gibt. Gab es in deiner bisherigen Laufbahn schon Rückschläge oder Herausforderungen?
Lotta: Zum Glück noch nicht wirklich. Ich hatte bisher keine größeren Verletzungen, vielleicht mal eine kleine Zerrung, aber nichts Ernstes. Klar, es gibt Tage, an denen man mal weniger Lust hat oder es nicht so läuft, aber ich hatte immer Mitspielerinnen, die mich unterstützt und mir Mut gemacht haben. Und auch meine Eltern unterstützen mich immer und halten auch in schwierigen Phasen zu mir. Dafür bin ich echt dankbar.
HVNB: Du bist erst 17, hast aber schon eine beeindruckende Laufbahn hinter dir. Welche Ziele hast du dir für die nächsten Jahre gesteckt – im Verein und in der Nationalmannschaft?
Lotta: In Badenstedt möchte ich mich weiterentwickeln, mich noch mehr in die Drittliga-Mannschaft integrieren und mit dem Team vielleicht irgendwann in die zweite Liga aufsteigen. Mit der A-Jugend ist das Ziel auf jeden Fall, nochmal das Final Four zu erreichen – das durfte ich schon zweimal erleben, das war jedes Mal ein Highlight. In der Nationalmannschaft arbeite ich darauf hin, nächstes Jahr bei der WM dabei zu sein. Das wäre mein nächstes großes Ziel.
HVNB: Gibt es Spielerinnen oder Menschen, die dich auf deinem Weg besonders inspirieren?
Lotta: Mein größtes sportliches Vorbild ist mein Papa. Er war selbst Torhüter und versteht einfach, wie es ist, in dieser Position zu stehen. Er gibt mir viele Tipps und unterstützt mich immer – das bedeutet mir sehr viel. Auch meine Mama ist eine große emotionale Stütze. Sie spürt sofort, wenn mich etwas beschäftigt, und ist immer für mich da. Meine Eltern sind definitiv meine größten Supporter.
HVNB: Zum Abschluss: Wenn du jungen Spielerinnen, die im HVNB vielleicht denselben Weg gehen möchten, einen Rat geben könntest – was würdest du ihnen sagen?
Lotta: Nie aufgeben – auch dann nicht, wenn es mal schwierig wird. Wenn man unzufrieden ist oder etwas einen belastet, sollte man mit jemandem sprechen, dem man vertraut. Oft hilft es schon, Dinge auszusprechen. Und ganz wichtig: immer an sich selbst glauben und weiter an seiner Entwicklung arbeiten.
HVNB: Danke für das Interview!
